Toter Greifvogel in Morscholz entpuppt sich als seltener Schlangenadler

Für Vogelkundler eine Sensation

Wadern.Naturschützer Bernd Konrad aus Krettnich meldet eine vogelkundliche Rarität: Im Waderner Stadtteil Morscholz wurde ein toter Schlangenadler gefunden. Diese Vogelart galt in der Region seit mehr als 100 Jahren als ausgestorben.
Wadern. Bernd Konrad, Vorsitzender der NABU-Ortsgruppe und Naturfotograf, kennt sich gut mit der Vogelwelt aus. Sein Rat ist immer wieder gefragt. Mitte September rief ihn Willibald Steuer aus Morscholz an. Er habe einen toten Fischadler gefunden. Steuer hatte Konrads Fotoausstellung über den Fischadler im Naturpark Saar Hunsrück in Weiskirchen gesehen und ihn deshalb angerufen.
Bernd Konrad fuhr nach Morscholz und dachte zunächst, es handele sich tatsächlich um einen Fischadler. „Unterwegs machte ich mir Gedanken über die kleinen Krallen und über den großen Kopf. Zu Hause angekommen, machte ich ein paar Fotos von diesem Greifvogel“, schildert Bernd Konrad gegenüber der SZ.
„Alle Fachbücher habe ich gewälzt und konnte es kaum glauben. Es war ein Schlangenadler. Der große Kopf, die Füße, mit denen ein Fischadler keine Fische aus dem Wasser bekommen könnte, die Spannweite von 190 Zentimetern, der Stoß und die Handschwingenfeder mit einer Länge von 47 Zentimetern im Vergleich zum Fischadler von nur 37 Zentimetern waren eindeutige Beweise.“
Die Fotos schickte der NABU-Vorsitzende an Günter Nicklaus vom Ornithologischen Beobachterring Saar (OBS), den NABU-Landesvorsitzenden Ulli Heintz, Martin Hormann von der Deutschen Vogelschutzwarte in Frankfurt und an Dr. Daniel Schmidt.
Dr. Daniel Schmidt ist laut Konrad der Experte für Greifvögel und hat zusammen mit Theodor Mebs das Buch „Die Greifvögel Europas, Nordafrikas und Vorderasien“ geschrieben.
Bernd Konrad: „Daniel Schmidt und Martin Hormann haben bestätigt, dass es sich bei dem toten Greifvogel um einen Schlangenadler handelt. Nach dem Gefieder zu beurteilen, ist es sogar ein Jungvogel aus diesem Jahr. In Mitteldeutschland wurden dieses Jahr mehrfach Schlangenadler beobachtet. Es stellt sich die Frage, brütete ein Schlangenadler in Deutschland? Das wäre eine Sensation?“
Die Unterfamilie der Schlangenadler gehört laut Konrad zur Familie der Habichtartigen und umfasst mittelgroße bis sehr große Arten mit meist sehr breiten Flügeln und einem sehr großen Kopf. Mit einer Spannweite von 190 Zentimetern und einer Gesamtlänge von 70 Zentimetern ist er ein recht großer Adler. Er ernährt sich hauptsächlich von Schlangen, aber auch von Insekten, Käfern und Würmern.
Die kleinen mitteleuropäischen Bestände in Deutschland, Österreich, Luxemburg, der Schweiz und den Niederlanden seien in den vergangenen 100 Jahren erloschen, erklärte der Vogelexperte weiter. Die letzten saarländischen Nachweise seien zwei Abschüsse aus dem Warndt bei Karlsbrunn 1893 gewesen. vf

Saarbrücker Zeitung vom 27. Oktober 2008
Schlangenadler kommt ins Zentrum für Biodokumentation